Article by Juno Moneta

Wieviele Liebhaber braucht eine Frau und wieviele darf sie haben?

Willst du wissen was dein Schoßraum ist? Was können Männer machen um ihren Herzraum zu öffnen. Ist das alles Eso-Quatsch? Oder haben wir die Chance, aus gelernten Mustern auszubrechen. Alexandra Schwarz Schilling, Patriarchatsforscherin aus Berlin, gibt uns dazu wissenswerte Tipps. Außerdem gehen wir der Frage nach, warum man Frauen davon abhält, mehrere Liebhaber zu haben und klären, ob die Ehe eine Erfindung des Patriarchats ist. Was ist das Patriachat eigentlich? Hat es das immer schon gegeben? Was tun Männer, wenn sie ihre Frau nicht beherrschen können und wie lernt “Mann” mit dieser Provokation umzugehen?

Sabine: Wie können Frauen in ihre Schoßkraft kommen? Heißt das dann, nimm dir verschiedene Liebhaber? Wenn man das ausspricht, hat man schon das Gefühl, man hat Hure über sich blinken. Was bedeutet das, in die Schoßkraft zu kommen?

Alexandra: Das bedeutet natürlich für jede Frau etwas anderes. Je nachdem, wo sie gerade in ihrem ganz persönlichen Prozess ist. Es kann tatsächlich für eine Frau bedeuten, sich mehrere Liebhaber zu erlauben, das kann aber auch genau falsch sein. Es kann sein, dass es erst einmal für die Frau darum geht, gar keinen Sex zu haben und sich mit ihrem Schoßraum selber zu verbinden. Ich glaube, entscheidend ist, dass man sich erlaubt, gerade in diesem kollektiven Thema, seinen individuellen Weg zu finden.

Sabine: Der Schoßraum – da wissen viele vielleicht auch nicht, was du damit meinst?

Alexandra: Es fängt mit dem weiblichen Zyklus an. Die meisten Frauen haben keine Ahnung vom weiblichen Zyklus. Sie wissen nur sie kriegen einmal im Monat ihre weibliche Blutung, wenn überhaupt. Die Industrie tut alles, um auch noch den weiblichen Zyklus abzuschaffen. Die Auseinandersetzung mit dem Zyklus wäre schon einmal ein Anfang, um sich mit seinem Schoß zu verbinden und um die verschiedenen Phasen im Zyklus wahrzunehmen. Nicht nur diese eine, nicht nur die Blutungsphase. Und überhaupt den Kontakt mit dem Schoßraum, als kreativer Ort, als Golden Egg, das ist ein wunderschönes Bild. Der weibliche Schoß ist eine schöpferische Inspirationsquelle, die sprudeln möchte. Das ist die Lebensquelle schlechthin, da entsteht das Leben. Der Ursprung des Lebens ist im Schoß der Frau. Um diese Verbindung wieder zu stärken, da gibt es ganz viele Angebote. Da können Frauen, die interessiert sind, Möglichkeiten finden, ihren Schoßraum kennenzulernen.

Sabine: Und für Männer? Wenn ich Worte wie „Leb deine Männlichkeit“, „Öffne dein Herz“ sage, haben wir sofort die Abwertung rennen und Esoterik als Überkeule, die uns entgegengeschleudert wird. Was können wir da tun, um auch Männer zu erreichen, die hier auch so stark konditioniert sind, dass sie als Regulationsmechanismen nicht viel haben außer vielleicht Alkohol, Kiffen und Ketamin?

Alexandra: Ich bin immer dafür, mit denen zu arbeiten, die wollen. Es hat jetzt keinen Sinn, jemanden überzeugen zu wollen von etwas, weil die Abwehr groß ist. Das ist die klassische Schuldabwehr, weil viele Männer hören das als Schuld. Du bist schuld am Patriarchat, was natürlich vollkommener Wahnsinn ist. Ich vergleiche das immer ein bisschen mit Nazi-Deutschland. Ich bin in den 60ern geboren, ich bin nicht schuld an Nazi-Deutschland, und trotzdem ist es sinnvoll, sich mit dieser Geschichte auseinanderzusetzen und den Teil der Kollektivschuld anzuerkennen.

Sabine: Was bedeutet Teil der Kollektivschuld? Müssen Männer sich das in das Bewusstsein holen, was da passiert ist? Wie sie das Patriarchat als Mann weiterverfestigen in der Gegenwart. Ist es das, was du meinst?

Alexandra: Ja, das meine ich. Wir bekommen eine wirkliche Transformation nur hin, wenn wir anerkennen, wie die Mechanismen sind und wie die Strukturen sind, die wir unbewusst alle aufrechterhalten – Frauen genauso. Es ist überhaupt nicht so, dass das nur Männer wären, das machen Frauen ebenfalls. Wir machen das alle. Wir sitzen da tatsächlich alle im selben Boot. Es wäre schön, wenn Männer sich eingeladen fühlen würden, das genauso mitzutransformieren. Ich arbeite an dem Thema seit 30 Jahren und da habe ich oft immer nur mit den Männern diskutiert. Die Frauen haben kein Wort gesagt. Die haben sich anfangs einfach nicht getraut irgendetwas zu sagen. Und dann haben wir einen Damensalon ins Leben gerufen. Ich habe ein Seminar für Frauen entwickelt, um die Frauen zum Sprechen zu bringen. So muss man es im Grunde mit den Männern auch machen. Wir brauchen natürlich Angebote für Männer, sowohl von Männern als auch von Frauen, und wir müssen uns zusammen einfach weiterentwickeln. Aber ich kann auch wirklich anerkennen, dass immer mehr junge Männer interessiert sind. Also das kriege ich ganz klar mit. Die sind allerdings eigentlich schon die Generation meiner Kinder. Mitte 20 bis Mitte 30, da gibt es eine ganze Menge Männer, die aufgeschlossen sind. Das ist eine sehr schöne Entwicklung. Schwierig ist es, die älteren Männer zu erreichen. Das kann ich einfach nur anerkennen und trotzdem gibt es da natürlich auch welche. Und es gibt ja sogar viele Männer, die viel engagierter daran arbeiten als es viele Frauen tun. Trotzdem brauchen wir noch viel mehr Angebote und diese geschützten Räume, wo es möglich ist, sich mit dem auseinanderzusetzen. Wenn ich das alles höre, was macht das mit mir? Wie geht’s mir dann? Was kommt bei mir dann, was geht bei mir dann für ein Film ab? Und da braucht man im Grunde Begleitung.

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“Das ist die klassische Schuldabwehr, weil viele Männer hören das als Schuld. Du bist schuld am Patriarchat, was natürlich vollkommener Wahnsinn ist.”

Sabine: Wir wollen bei The Wild Golden Egg auch ein Raum sein, ein Free Space, wo sich Neues entwickeln darf. Wo man einfach Dinge mal anders betrachtet. Wir beobachten, viele führen diese klassische Ehegeschichte. Die haben überhaupt keine anderen Modelle. Wir haben keine Konzepte und Alternativen, und einfach nur Angst, das Gewöhnte zu verlassen. Der Mensch ist so ein Gewohnheitstier und hat Angst vor neuen Dingen, oder? Wie können wir uns dem annähern, dass es da vielleicht andere Konzepte geben könnte?

Alexandra: Es gibt Menschen, die etwas anderes vorleben. Die klassische Kleinfamilie und die Struktur, die wir im Moment haben, führt eigentlich zu einer Art Gebärstreik, weil eben unsere Strukturen gerade Mütter so wahnsinnig schlecht behandeln. Ich war noch ein geburtenstarker Jahrgang, die nächste Generation hat sich halbiert, und die Generation danach halbiert sich nochmal. Das ist nicht irgendwie zufällig so. Das ist so, weil junge Frauen merken, sie haben eigentlich gar keinen Bock da drauf. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, ich hab erst als ich Mutter die ganze Wucht des Patriarchats erfahren. Da kriegt man das sowas von um die Ohren, dass man vorher vielleicht noch dachte: Wo ist denn eigentlich das Problem? Und wenn man Mutter wird ist es halt richtig, richtig heftig. Die Kleinfamilie ist etwas, was gerade für Mütter wirklich ein schlechtes Konzept ist. Gerade für Mütter von kleinen Kindern. Dieses Bedürfnis nach etwas anderem kann vielleicht doch Strukturen langsam aufbrechen. Dass sich zumindest andere Lebensformen in dieser Lebensphase immer mehr durchsetzen. Am Anfang machen alle „Huh, was ist denn das?“ und dann dauert es halt 20 Jahre, bis die Sache in den Mainstream kommt. Und irgendwann ist es ganz normal, so wird es mit dem Aufbrechen der patriarchalen Paarungsfamilie. Früher war wenigstens noch eine Großfamilie, wo man sich gegenseitig mit den Kindern unterstützt hat. Heute ist die isolierte Kleinfamilie besonders mütterfeindlich. Das Einzige, was nicht passieren darf, ist, dass wieder Krieg kommt. Krieg führt zu Kriegsrecht und sämtliche Freiheiten sind sofort vom Tisch, und nichts kann sich mehr weiterentwickeln. Aber wenn wir in diesem friedlichen Space bleiben, in dem wir uns im Moment befinden, dann glaube ich werden unaufhaltsam neue Konzepte sich ihren Weg bahnen, auch wenn wir glauben, dass es lange dauert.

Sabine: Wir brauchen spirituelle Konzepte, die uns, so wie es auch die monotheistischen Religionen gemacht haben, hier unterstützen. Wir leben aber, in einer Art spirituellen Verwahrlosung was den Mainstream betrifft. Sobald man das Wort Gott oder Göttin in den Mund nimmt, ist man als Esoterikerin gebrandmarkt. Wie können wir hier als Gesellschaft lernen, an mehr zu glauben als an nichts?

Alexandra: Das ist eine sehr persönliche Sache. In meiner Erfahrung sind spirituelle Konzepte patriarchal durchtränkt, auch die sogenannten Modernen. Egal, ob das der Buddhismus ist oder Hinduismus. Für mich bringt uns das nicht wirklich weiter. Ich persönlich glaube, dass wir gerade jetzt auch im Hinblick auf den bevorstehenden Ökokollaps wirklich verstehen müssen, dass wir ein Teil eines lebendigen Organismus sind und dass es höchste Eisenbahn ist, zu verstehen, wer wir da sind.

Sabine: Wer sind wir?

Alexandra: Wir sind ein Teil dieses Organismus Erde, die uns hervorgebracht hat. Ich glaube, nicht umsonst. Ich glaube nicht, dass der uns wieder loswerden will. Dafür war es zu aufwendig. Ich glaube, dass wir eigentlich dazu da sind, dass die Erde sich selbst erkennen kann und dass wir letztlich Nervenzellen sind. Die Nervenzellen der Erden. Das ist jetzt aber auch nur eine Idee. Das ist ein Angebot. Ich finde diese Erzählung macht in der jetzigen Zeit Sinn, weil im Grunde genommen der Mensch, der Embryo durchläuft auch die ganze Evolution, und wir produzieren zehn Milliarden Gehirnzellen und dann hört dieses Wachstum plötzlich auf, noch im Mutterleib, und dann geht es nur noch um Vernetzung. Wir sind jetzt bei acht Milliarden Menschen auf der Erde, und dabei uns zu vernetzen. Deswegen könnte es doch sinnvoll sein, dass wir erkennen, wir sind individuelle Zellen, aber wir sind auch gleichzeitig der ganze Organismus. Wir sind nicht so getrennt, wie wir denken, weil diese monotheistischen Traditionen haben uns eigentlich vom Ganzen abgetrennt, und das ist eine Illusion. Die Illusion der Getrenntheit, der wir alle verfallen sein. Und die Illusion der Getrenntheit hat dazu geführt, dass wir uns eigentlich benehmen wie Krebszellen. Wir haben uns vermehrt und haben uns vom Organismus abgeschnitten und saugen den nur noch aus. Und meine Fantasie wäre, dass wir erkennen und entscheiden, weil Nervenzellen können Entscheidungen treffen, wir hören mit diesem Krebszellendasein auf und entscheiden uns, wieder Nervenzellen zu sein, für den Organismus und die Information durch uns durchfließen zu lassen und uns zu vernetzten. Ein neues Bewusstsein auf die Erde zu bringen. Das ist sozusagen meine Vision. Die ist halt sehr an den Organismus Erde zurück angebunden, aber ein bisschen ein erwachseneres Konzept. Ich brauche nicht Mutter Erde, ich brauche auch nicht Vater Himmel, sondern wir sind ein Wesen und wir evolvieren alle zusammen.

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Sabine: Das Weibliche, wie du gesagt hast, wird im Patriarchat entwertet, entmachtet, entwürdigt. Muss sich das Weibliche umkehren in deiner Vision, dass Frauen jetzt geehrt werden, dass es einfach hier eine Art Wiedergutmachung geben soll? Weil wir letztens auch mit jemandem gesprochen haben, der gesagt hat: „Feminismus heißt eigentlich, alle sind auf Augenhöhe. Mann, Frau, sind jetzt auf Augenhöhe“. Sollen wir anstreben, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen, oder muss das Weibliche jetzt in irgendeiner Form, nach diesen vielen tausend Jahre Unterdrückung irgendwie anders behandelt werden?

Alexandra: Wir sind in einer extremen Unbalanciertheit, Wenn wir diese Schieflage in Balance bringen, dann wird so manches kippen. Das macht natürlich Angst. Und nichts macht mehr Angst, als die Vorstellung, die Frauen könnten mächtiger werden. Das ist so bedrohlich für alle Beteiligten, dass man tatsächlich auch dadurch dafür sorgt, dass das nicht passiert. Ich würde sagen, die Gefahr ist nicht wirklich so groß, und es geht in die Natur.

Sabine: Die Frauen wollen sich ja auch nicht rächen.

Alexandra: Nein, aber das ist, was die Männer unbewusst befürchten, weil Männer würden sich immer rächen. Deswegen ist es natürlich schwierig, weil man es den Frauen nicht glaubt, dass sie sich nicht rächen werden wollen. Aber das hat nicht so viel Sinn, darüber überhaupt jetzt so viel zu reden. Wenn das Weibliche sich etwas verstärken würde, wäre es eigentlich ein Garant für Stabilität und Balance. Die ist immer dann gegeben, wenn das Weibliche etwas mehr Macht hat. Das glaube ich tatsächlich. Aber nicht viel, es geht nicht um eine Schieflage. Aber um langfristig die Balance zu halten und für alle Entfaltungsmöglichkeiten zu garantieren, braucht das Weibliche ein bisschen mehr. So wie es ungefähr 52 Prozent weibliche Säuglinge, Neugeborene braucht. Also, es gibt immer ein bisschen mehr, es muss immer ein bisschen stärker sein, das Weibliche. Es ist auch immer in der Natur ein bisschen stärker, die X-Chromosomen sind ein bisschen stärker, die weibliche Immunabwehr ist ein bisschen stärker.

Sabine: Das werden die nicht hören wollen.

Alexandra: Das sind aber Fakten. Das ist tatsächlich so, dass der Anteil an der Fortpflanzung nun auch der weibliche Anteil größer ist. Das ist natürlich eine Provokation bezogen auf das männliche Schöpferprinzip, aber es ist de facto so. Aber das heißt, offensichtlich ist das etwas, das sich in der Evolution bewährt hat, also könnte man ja darauf vertrauen. Das Problem ist nur, dass man Angst hat, irgendwie unterdrückt werden zu können, und mit der Angst muss man umgehen lernen. Die muss man ernst nehmen und entkräften.

Sabine: Das hast du in deiner Onlineausbildung auch letztendlich in ein Konzept gegossen. Du sagst, wir müssen unsere kollektive Herkunft verstehen und die Kultur, die sich entwickelt hat. Das Wissen und das Verständnis über die Geschichte der Geschlechter uns ins Bewusstsein holen. Was bietest du da an, also was kann man in deinem Kurs lernen?

Alexandra: Ich habe praktisch dieses seit 30 Jahren gesammelte, geforschte Wissen in diese Onlineausbildung gepackt und da geht es eben im ersten Teil darum, unsere Herkunft zu verstehen. „Understand the Story we live in“, und die Geschichte des Patriarchats zu verstehen, die Entstehungsgeschichte und vor allem die Folgen. Von den Folgen habe ich nur ein paar hier angerissen, es gibt natürlich noch unglaublich viel noch dazu zu sagen, wo man dann auch selber merkt, wie man das selbst die ganze Zeit macht. Diese Folgen des Patriarchats sind für Männer und Frauen unterschiedlich. Es geht darum diese ganzen Zusammenhänge zu verstehen und dazu gibt es viele Videos, Live-Calls und viel Material. Die Ausbildung heißt „Werde Multiplikator*in für gesellschaftliche Transformation“, und es geht genau um diese Zusammenhänge und darum, dass die Leute, die dann ausgebildet sind, wirklich viel Material haben, um das selber weiterzutragen in die Welt, weil wir das brauchen.

Sabine: Was mich persönlich noch interessiert, ist, dass eigentlich die Frauen untereinander nicht sehr unterstützend gewesen sind. Hat das Patriarchat die Stutenbissigkeit erfunden? Warum ist das so, aus deiner Sicht? Dass Frauen sich gegenseitig in dieser patriarchalen Struktur so gefangen gehalten haben?

Alexandra: Warum sie das haben oder immer noch tun?

Sabine: Warum ist das immer noch so?

Alexandra: Weil Frauen wirklich so lange abhängig vom Mann waren. Das einzig wichtige im Leben einer Frau war es einen Mann zu bekommen. Die weibliche Sippe ist zerschlagen worden. Die Gemeinschaft der Frauen, die Blutsverwandte waren, wurde im Patriarchat zerschlagen, um die Frauen zu entmachten. In der patriarchalen Familie hat die junge Frau eine ganz, ganz schlechte Stellung. Sie hat keine Verbündeten. Sie kommt in eine fremde Familie und wird dort nur gebasht. Gerade auch von den älteren Frauen. Frauen haben im Patriarchat gelernt, sich gegenseitig runterzumachen, weil die Frau nur ganz bestimmte, kleine Räume hatte, um im Patriarchat Status und Macht zu bekommen. Das hat immer damit zu tun, die junge Frau zu bashen. Das ist in einer Sippenstruktur nicht der Fall, wo Mutter und Töchter zusammenbleiben. Deswegen ist klar, dass Frauen die andere Frau als Konkurrenz empfinden und das Ganze über Schönheit austragen. Das ist einfach eine Konditionierung.

Sabine: Das muss man sich auch bewusst machen!

Alexandra: Das Einzige, was Frauen machen konnten, ist schön sein. Damit kriegst du deinen Mann. Also musste ich schön sein und die andere Frau muss nicht so schön sein.

Sabine: Die einzige Chance, die wir hatten, war die Schönheit, weil ohne dem kein Mann, und ohne Mann keine Existenz.

Alexandra: Da blieb dann noch das Kloster.

Sabine: Das Kloster oder die Prostitution.

Alexandra: Genau.

Sabine: Welche drei Fähigkeiten braucht man, wenn wir denn in ein neues kollektives Bewusstsein starten wollen als Menschheit?

Alexandra: Man braucht sichere Räume. Wir gestalten diese Räume, wo Menschen sich wirklich mit sich selbst auseinandersetzen können, ihre Gefühle fühlen dürfen, und zwar in Gruppen, nicht nur vereinzelt. Wir brauchen sichere Räume für Gruppen. Also das müssen jetzt keine Riesengruppen sein, wo wir im Austausch mit anderen uns gegenseitig unsere Entwicklung bezeugen. Wir sind eben Rudeltiere, wir brauchen Zeugen unserer Entwicklung. Wenn wir versuchen, alles nur im Zweierkontakt oder mit einer Therapeutin oder so zu lösen, dann ist es lange nicht so effektiv, wie wenn wir uns das gegenseitig zugestehen. Und wenn wir die Erfahrung machen, wenn ich in meinem Schmerz bin, dann hält mich die Gruppe. Das ist eine ganz wichtige Erfahrung, ohne dass man jetzt Sachen dramatisieren muss oder Schmerz überzelebrieren muss. Aber er muss da sein dürfen und er muss auch wieder gehen können. Und dafür brauche ich sichere Räume, in denen wir gemeinsam wachsen können. Das ist das Allerwichtigste für die Zukunft, um diese Transformation voranzubringen. Wir brauchen Leute, die diese Räume bieten und halten. Dieses Raumbieten und Halten ist schon das weibliche Prinzip in einer Nussschale, das ist genau das. Und zwar ohne werten und ohne zu manipulieren, ohne zu schieben. Also, die Gebärmutter hält einfach, sie gibt Raum, stellt Raum, Zeit und Energie zu Verfügung, und sie versucht nicht, Dinge zu beschleunigen, zu verlangsamen oder zu manipulieren, sondern sie ist einfach nur bereit, diesen Raum zu geben, wissend, dann passiert es schon. Ich kann dann darauf vertrauen, dass die Prozesse ihren Weg gehen. Und in ihrem Tempo auch. Das glaube ich ist das Wichtigste. Waren das jetzt drei Sachen?

Sabine: Noch zwei!

Alexandra: Dann brauchen wir natürlich tatsächlich Ansprache für Männer. Das heißt, dass wir Männer in diese Räume einladen. Dass sie sich trauen und sich auch angesprochen fühlen, dass sie verstehen, in dieser Auseinandersetzung ist für sie eine große Perspektive drinnen. Das brauchen wir auf jeden Fall auch. Und dann brauchen wir Öffentlichkeit. Das brauchen wir auch ganz dringend. Öffentlichkeit.

Sabine: Worum geht es da in dem Buch „Gemeinsam frei sein, Beziehungen verstehen, klug erschaffen“?

Alexandra: Da geht es sehr stark um die Themen, die wir jetzt besprochen haben. Geschichte der Geschlechter, dieser ganze Themenkomplex Sexualität und dann hinten im Buch geht es um die individuelle persönliche Weiterentwicklung. Viel Information steht drinnen in diesem Buch.

Sabine: Danke für das Gespräch, es war total befruchtend.

Alexandra: Sehr gerne. Schön! Ich freue mich sehr. Ich bin natürlich begeistert, dass ihr sowas ins Leben ruft und freue mich einfach. Das ist ja auch ein Zeichen, dass die Zeit jetzt reif ist.

Dieses Interview kannst du in voller Länge auf unserem Podcast nachhören. Im ersten Teil des Interviews spricht Alexandra Schwarz Schilling über die Entstehung des Patriarchats.

 

 

In der Serie “Unlearning patriarchy” verlernen wir uns beigebrachte Geschichte und lernen sie aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Das Schreiben einer gemeinsamen „We-Story” beginnt damit, die alten Geschichten zu verlernen. Sanft, freundlich und vor allem mit dem Vorsatz wenig zu werten.

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