Article by Stefan Feinig

10 Regisseurinnen, deren Filme du gesehen haben musst

Die Filmindustrie ist nach wie vor ein von Männern dominierter Kreativbereich. Weibliche oder eben nicht ausschließlich männliche Filmschaffende sind da immer noch radikal in der Minderheit – vor allem hinsichtlich alternativer Sichtweisen auf ansonsten stereotypisierte Filmgenres. Dabei ist es nicht so, dass es keine Regisseurinnen gibt – es gibt sie, nur eben leider immer noch jenseits der Sichtbarkeit. Aus diesem Grund haben wir eine Liste für euch erstellt.

1. Chloé Zhao

Schon in ihrem Debut-Film The Rider (2017) zeigt uns Chloé Zhao, wie man ein abgelutschtes Männer-Genre neu erzählen kann. In diesem Neo-Western geht es nämlich um einen Rodeo-Reiter (aka Cowboy), der aufgrund eines Sturzes jedoch nicht mehr so richtig reiten kann. Dass das so einige Konflikte mit sich bringt und das Westerngenre recht stark aufrüttelt, kann man bei diesem Plot ruhig annehmen. Auch ihr zweiter Film, der Überraschungs-Hit Nomadland (2020) erzählt die Geschichte des Scheiterns in einer amerikanischen Welt. Auch wenn die Regisseurin diesem Verlieren filmisch durchaus romantische Aspekte abgewinnen kann. Mit ihrem letzten Film Eternals (2021) – einem Marvel-Film – betritt Zhao zum ersten Mal das Mainstream-Kino. Ihre filmischen Stärken aus imposanten Landschaftsbildern kann sie auch hier gut ausspielen, doch ist eine Rückkehr ins Arthouse-Cinema natürlich mehr als erwünscht.

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2. Greta Gerwig

Das US-Amerikanische Multitalent Greta Gerwig hat es in den letzten Jahren geschafft, das männliche Autoren-Kino aufzumischen. Vor allem Frances Ha (2012), wo sie als Schauspielerin und Drehbuchautorin wirkte, war ihr erster Schritt zum Erfolg. Ein schöner Film, der vor allem der jüngeren Generation aus dem Herzen spricht, indem er schonungslos entblößt, wie das Versprechen auf Erfolg eben nicht eingehalten wird, man aber im Kompromiss dennoch glücklich werden kann. Auch ihre erste Regiearbeit Lady Bird (2017) ist ein liebevoll inszenierter Coming-of-Age-Streifen, der vor allem vom Mutter-Tochter Konflikt und den skurrilen Figuren belebt wird. Jenseits des Testosterons gesättigten Teenager-Komödien à la American Pie bekommt man hier einen realistischen Einblick, wie das Erwachsenwerden in Nordamerika wohl auch ablaufen kann.

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3. Maïwenn

Auch die französische Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin Maïwenn ist eine Filmemacherin, die es schafft, bekannte Genres ganz anders zu erzählen als ihre männlichen Kollegen. Allem voran der Film Poliezei (2011). Im Gegensatz zu den typischen Cop-Movies, steht hier vor allem die (zwischen)menschliche Frustration der Figuren im Vordergrund. Denn die Einsätze wegen Kindesmissbrauchs sind vor allem eines: frustrierend und erschütternd. Was zu gravierenden Problemen in den privaten Beziehungen führt, denn vielen gelingt es natürlich nicht, die bedrückenden Erlebnisse von Vergewaltigung und Pädophilie zu verarbeiten. So ist Poliezei vor allem ein Film darüber, wie Menschen (Polizisten und Polizistinnen) mit Emotionen umgehen, und nicht darüber, wie knifflige Fälle in Form von atemraubender Action und Spannung gelöst werden. Auch Maïwenns Beziehungsdramen Mein ein, mein alles (2015) und ADN (2020) sind präzise gefilmte Studien über menschliche Emotionen. Sie geben Einblick in psychosoziale Dynamiken und sind faszinierend wie anspruchsvoll in ihrer Distanzlosigkeit.

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4. Jane Campion

Die neuseeländische Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Filmproduzentin Jane Campion hätte dank des Regie-Oscars 2022 etwas mehr ins Rampenlicht rücken können – hätte der liebe Will Smith mit seinem toxischen Verhalten und deplatzierten Brunftgehabe nicht die ganze globale Aufmerksamkeit für sich eingenommen. Wie dem auch sei. Bekannt wurde Campion als erste weibliche Regisseurin, die überhaupt jemals für einen Oscar in dieser Kategorie nominiert gewesen ist. Für den Film Das Piano (1993). By the way auch der erste Film einer Frau, der bei den Filmfestspielen in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet worden ist.

Das Herausragende an Campion ist neben ihrer grandiosen Bildsprache vor allem auch die Fähigkeit, ihre Darstellenden zu Höchstleistungen anzuregen. Wie selten sonst jemand schafft sie es ihren Schauspielenden nuancierte Leistungen abzuverlangen. (Vor allem Benedikt Cumberbatchs Darstellung in The Power of the Dog ist diesbezüglich erwähnenswert.) Wie sehr das Zwischenmenschliche zum psychologischen Gemetzel wird stellt Jane Campion gekonnt dar. Diesbezüglich zu empfehlen ist ihr neuester Film The Power of the Dog – in welchem toxische Männlichkeit so gekonnt darstellt wird, dass man Angst bekommt.

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5. Kathryn Bigelow

Kathrin Bigelow hat es als eine der ersten Frauen wirklich geschafft, sich in einem von Männern dominierten Bereich (Hollywood) zu behaupten und sich durchzusetzen. Mit Gefährliche Brandung (mit Keanu Reeves und Patrick Swayze) ist sie Anfang der 1990er in einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Anschließend wurde sie aber leider zu sehr auf ihre Rolle als Frau beziehungsweise Ex-Frau des Star-Regisseurs James Cameron reduziert. Zu Unrecht. Denn obwohl ihre Filme zumeist männliche Genres bespielen (vorwiegend Actionfilm und Kriegsfilm) schafft sie es durchaus, einen neuen Blickwinkel zu liefern, der vielleicht nicht mustergültig weiblich, sondern einfach nur anders ist. Bestes Beispiel ist der Kriegsfilm The Hurt Locker (2008), der es schafft, das Phänomen Krieg ganz anders zu positionieren als der Großteil der Kriegsfilme zuvor.

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6. Susanne Bier

Die dänische Regisseurin ist vor allem aufgrund des Netflix-Hits Bird Box (mit Sandra Bullock) bekannt. Was nicht viele wissen, ist jedoch, dass Bier schon Jahre vorher für In einer besseren Welt alle möglichen Preise abräumen konnte (Oscar, Golden Globe, u.v.a.). Den Fokus legt die Regisseurin auf das Zwischenmenschliche (was auch bei Bird Box zur Geltung kommt). Bezüglich des Themas „Patriarchat“ ist ihr schon erwähnter Film In einer besseren Welt sehr zu empfehlen. Denn in welch toxische Sphären sich das Phänomen Männlichkeit entwickeln kann, wird selten so gekonnt dargestellt, wie hier.

7. Leni Riefenstahl

Klar, die Person Leni Riefenstahl selbst, aber auch ihre Werke, sind mehr als umstritten – ihre freundschaftliche Beziehung zu Adolf Hitler hat sie auch selbst nie geleugnet. Von dieser Art Weltanschauung wollen wir uns auch klar distanzieren. Dennoch sind sich Filmwissenschaftler:innen und Filmkritiker:innen zum Großteil einig darüber, dass Riefenstahl mit ihrer dynamischen Schnitttechnik und dem Rückgriff auf zuvor nie dagewesene Kameraperspektiven filmische Maßstäbe gesetzt hat. Auch ihr Gespür für die Wirkung von Landschaften und Architektur war äußerst einflussreich. Ihre Art Kunst zu machen hat Generationen nach ihr geprägt. Unter anderem ließen sich George Lucas (Star Wars) und Quentin Tarantino von Riefenstahl inspirieren. Auch das Handwerk des Werbefilms, der Werbekampagne, das Genre des Dokumentarfilms sowie die Sportfotographie wurden von Riefenstahl nachhaltig geprägt. Auf künstlerischer Ebene ist diese Regisseurin somit eine Kunstschaffende, deren Werke man an und für sich gesehen haben sollte.

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8. Lynne Ramsay

Die Filme der schottischen Regisseurin Lynne Ramsay sind wahrlich außergewöhnliche Werke. Oftmals hart an der Grenze des Erträglichen, erforschen sie schonungslos die Abgründe des Menschseins, ohne dabei jedoch klare moralische Antworten zu liefern. Auch Ramsay schafft es, andere, neuartige Blickpunkte zu beziehen und hilft dabei mit, den emotionalen Erfahrungsraum der Zusehenden wachsen zu lassen. Ihr letzter Film zum Beispiel You Were Never Really Here (2017) mit Joaquin Phoenix, handelt vom kriegstraumatisierten Joe, dessen Aufgabe es ist, Frauen zu befreien, die kriminellen Sexhändlern zum Opfer gefallen sind. Mit erbarmungsloser Gewalt. Eine Gewalt, die Ramsay oft nur andeutet. Die dabei jedoch mehr Wirkung erzeugt, als jede Splatter-Sequenz aus einem Tarantino Film. Auch ihr psychologischer Thriller We Need to Talk About Kevin (2011) mit Tilda Swinton ist ein grausames Drama darüber, wie sehr sich ein Gewaltakt dem rationalen Zugriff verweigern kann. Ein Film, fesselnd wie verstörend zugleich. Somit ist Ramsay durchaus eine Regisseurin, die man gesehen haben sollte.

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9. Sophia Coppola

Sophia Coppola ist der wohl bekannteste Name in dieser Liste. Oftmals leider nur aufgrund ihres berühmten Nachnamens. Wir erinnern uns: Ihr Vater Francis Ford Coppola (Regisseur der Pate-Reihe und Apocalypse Now) gilt als einer der Begründer des New Hollywood und als einer der einflussreichsten Regisseure überhaupt. Nichtsdestotrotz schafft es seine Tochter mit ihrem Werk einen ganz anderen Weg zu gehen. Während der Vater in seinem Werk (neben der inszenatorischen Großartigkeit, natürlich) männliche Stereotype im Grunde nur wiederholt, macht es Sophia Coppala möglich, bekannte und verhärtete Erzählstrukturen zu dekonstruieren und anders zu erzählen. Bestes Beispiel ist hierbei wohl ihr Film Lost in Translation (2003). Zwei einsame Menschen kommen sich in der Fremde näher. Eine Grundstory, die wohl jeder männliche Regisseur in ein Erotikabenteuer verklärt hätte. Stattdessen schildert Sofia Coppola eine wunderbar reife und weise Geschichte einer sinnlichen Freundschaft, die nicht auf Sex reduziert werden muss.

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10. Cathy Yan

Cathy Yan ist, geboren 1986, noch recht jung, hat aber schon zwei erstaunliche Filme gedreht, die, aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit, schon so etwas wie Genie erahnen lassen. Ihr Debut legte die in China geborene US-Amerikanerin mit Dead Pigs (2018) vor, ein Autorenfilm, der den Bauwahn auf die Schippe nimmt und neben humoristischen, auch auf sehr sozialkritischen Tönen spielt. Ihr zweiter Film ist Birds of Prey (2020), ein Superheldinnenfilm aus dem DC Comics Universum. Doch was Yan in ihrem zweiten Film gelingt ist etwas, wovon die geschulten Blockbuster Regisseure nur träumen können. Die Regisseurin legt mit Birds of Prey nämlich einen dermaßen bombastischen und extrem innovativ, wie kreativ inszenierten Actionfilm vor, dass man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt. Am Ende leider etwas zu lang geraten ist Birds of Prey aber dennoch einer der innovativsten Blockbuster der letzten 30 Jahre mit sanften, feministischen Untertönen.

 

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Da diese 10 Regisseurinnen natürlich nicht alles sind, was die Filmwelt an weiblichen Kunstschaffenden zu bieten hat, haben wir als weiterführende Empfehlung diese LISTE für euch! Außerdem haben wir noch mehr zum Male Gaze in Hollywood auf Lager, genauso wie eine Liste an feministischen Filmen, die ihr gesehen haben solltet.

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