Article by Marie Schneidereit

Die Frau hinterm Vorhang – ein feministischer Blick auf Hollywood

Sei sexy oder sei still – lautet auch die Devise beim Film. Möglichst schlank, möglichst jung, möglichst aufreizend. So wünscht man(n) sich die Frau hinterm Vorhang. Kein Wunder, immerhin spiegeln Filme auch die Geschlechterverhältnisse hinter der Kamera wider. Nur etwa 15% der Kinofilme entstehen unter weiblicher Regie. Auch sonst steht es nicht gut um die Weiblichkeit im Kino. Mehr dazu gibt es in The Male Gaze oder warum Kino nicht(s) für Frauen ist nachzulesen.

 

In den letzten Jahren haben es sich jedoch immer mehr Künstler:innen zur Aufgabe gemacht, die patriarchalen Strukturen als Thema künstlerisch aufzugreifen, zu verarbeiten und zu kritisieren.

 

So auch in den folgenden Filmen.

Pleasure

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Krasser hätte man den Male Gaze nicht darstellen können.

Das Debüt der schwedischen Regisseurin und Ex-Antiporn-Aktivistin Ninja Thyberg ist einen Gang ins Kino wert.

Der Film erzählt die Geschichte der 19-jährigen Linnea, die aus ihrer Heimat Schweden in die USA reist, um dort ihren Traum zu erfüllen. Sie möchte zum größten Pornstar ihrer Zeit werden. Die junge Frau ist selbstbewusst und lebt scheinbar selbstbestimmt nach ihrem Motto “I just love cock”. Die Pornoindustrie ist allerdings keinesfalls glamourös und sexy, sie ist oft kalt und dunkel. Auch Linnea muss das nach kurzer Zeit lernen.

Thybergs Darstellung gibt einen sehr realistischen und eindrucksvollen – rein weiblichen – Blick hinter die Kulissen dieses patriarchalen Systems. Der Film verteufelt dabei die Szene nicht, zeigt jedoch Problematiken auf und verdeutlicht, wie hart das Business ist, insbesondere für die Darstellerinnen.

Trigger Warning: Im Film gibt es sexualisierte Gewalt zu sehen. Inklusive Vergewaltigungsszene.

Spencer

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Quälend schön. In Pablo Larraíns Film über Diana, Princess of Wales, sehen wir die Welt der jungen Frau durch weibliche Augen. Dianas Augen.

Das Leben von Lady Di schien turbulent und einsam. Verfolgen konnten wir es damals in der Yellow Press, mittlerweile auch durch zahlreiche filmische Verarbeitungen. Spencer lässt jedoch erstmals die Prinzessin selbst zu Wort kommen.

Berührend und beklemmend zugleich hat Larraín ein Meisterwerk geschaffen, das wie im Fiebertraum Dianas Kampf gegen die Enge des Königshauses beschreibt.

Watch with caution: Vergessen sollten wir dabei jedoch nicht, dass der Film nicht 1:1 die Realität wiedergibt, wenngleich Hauptdarstellerin Kristen Stewart immer wieder von Kritiker:innen für ihre sensationelle Performance gelobt wurde.

Hidden Figures

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Verborgene Heldinnen. Mit welcher Macht die patriarchalen Verhältnisse auf unsere Gesellschaftsgeschichte einwirken können, zeigt Theodore Melfis “Hidden Figures”. Basierend auf einer wahren Geschichte, erzählt der Film von drei Frauen, die in den 1960er Jahren als Spezialistinnen für die NASA arbeiteten. Die Afro-Amerikanerinnen waren damals maßgeblich daran beteiligt, dass das “Space Race” zwischen den USA und Russland seitens der Amerikaner gewonnen werden konnte. Erst wenige Monate vor Erscheinen des Films war die Geschichte durch Margot Lee Shetterlys Buch ‘Hidden Figures: The American Dream and the Untold Story of the Black Women Mathematicians Who Helped Win the Space Race’ an die Öffentlichkeit gedrungen. Die Arbeit der Wissenschaftlerinnen wurde seitens der NASA nie gewürdigt.

Hidden Figures illustriert auf humorvolle und bewegende Art die starke intersektionale Ungleichheit, von der BiPoC Frauen auch heute noch betroffen sind.

Kein Mann für leichte Stunden

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Was wäre, wenn Frauen die Macht hätten? Der französische Film “Kein Mann für leichte Stunden” (orig. Je ne suis pas un homme facile) von Eléonore Pourriat hält uns auf gewitzte Art den gesellschaftlichen Spiegel vor. Nach einem kurzem Zusammenprall mit einem Straßenschild kommt der (Chauvi-)Protagonist Vincent in einer verkehrten Welt wieder zu sich. Hier sind Männer für Kind und Haushalt zuständig, während sich Frauen mit ihnen in dunklen Hotelbars verabreden. Wer tiefgründigen Feminismus sucht, ist mit diesem Film wahrscheinlich nicht bedient. Eine gute Portion Humor und den ein oder anderen Denkanstoß kann er aber sicher liefern.

Bird’s of Prey

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Stylisch statt Sexy. Wie gravierend der Unterschied der Darstellung von Anti-Heldin Harley Quinn in “Suicide Squad” vs. “Birds of Prey” ist, fällt auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt auf. Was sehr wohl auffällt, ist, wie unterschiedlich der Film bei den Geschlechtern ankam. Vor allem bei Frauen wurde er zum Kassenschlager. Warum das so ist? Wir haben da eine Vermutung. Nicht umsonst trägt der Film den Untertitel “The Emancipation of Harley Quinn”. Die Hauptdarstellerin emanzipiert sich hier sowohl inhaltlich als auch stilistisch aus ihrer Abhängigkeit vom Joker und dem Patriarchat.

So wird sie beispielsweise weniger aufreizend gekleidet, eher so, wie es wohl anderen Frauen gefallen würde. Auch ihre Tattoos haben ein feministisches Make-Over bekommen. Insbesondere auffällig ist außerdem die Kameraführung. Wo in Suicide Squad der Blick immer wieder lustvoll über ihre Beine glitt, bleibt die Kamera in Birds of Prey mit Harley auf Augenhöhe.

Gone Girl

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Mehr als Ehebruch. Hier wird neben der Ehe, auch mit Klischees und klassischen Rollenbildern gebrochen. Für manch einen mag es seltsam erscheinen, einen Film über eine Mörderin in diese Liste aufzunehmen. Doch in dieser Geschichte stecken so einige feministische Botschaften. Besonders Amys “Cool Girl”-Monolog bleibt nach dem Schauen noch im Gedächtnis.

Vielleicht ist auch deshalb im Kreise der Filmkritiker:innen eine kleine Diskussion darüber entbrannt, was Amys Charakter nun eigentlich verkörpert. Eine Antiheldin oder doch eine Psychopathin? Eine feministische Ikone oder eine kaltblütige Mörderin? Möglicherweise ist sie alles in einem und genau das ist es, was David Fincher’s “Gone Girl” so spannend macht.

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Vorangetrieben durch Social Media und junge Generationen von Kunstschaffenden, finden feministische Themen also auch in diesem klassischen Medium immer mehr Platz. Die Frage, die sich hier stellt, ist die der Nachhaltigkeit. Findet die filmische Wende nur aufgrund eines Trends statt, welcher sich in ein paar Jahren in Luft auflöst, oder wird Hollywood auch danach weiterhin dabei bleiben?

Schließlich ist es noch ein langer Weg zur Ausgewogenheit der Geschlechter in der Filmbranche.

 

In der Serie “Unlearning patriarchy” verlernen wir uns beigebrachte Geschichte und lernen sie aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Das Schreiben einer gemeinsamen „We-Story” beginnt damit, die alten Geschichten zu verlernen. Sanft, freundlich und vor allem mit dem Vorsatz wenig zu werten.

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