Article by Magdalena Mösenlechner

Rapper The Z: Von toxischer Männlichkeit und Nagellack

Geschlechterrollen sind im ständigen Umbruch. Aber wo sehen junge Männer heute noch starre Strukturen und Probleme mit klassischen Zuschreibungen? Wir haben im Interview mit Rapper The Z über Musik als Klima-Aktivismus, toxische Männlichkeit und Feminismus gesprochen.

Copyright: Hanna Reichhold

Mit Rap gegen die Klimakrise

Generation Z – die Protestgeneration schlechthin, seit die alten 68er ihr Pensionsalter erreichten. Auch der 20-jährige Zacharias, genannt The Z, schlägt mit aktivistischen Rap-Texten in diese Kerbe: „Gen Z ist auf jeden Fall sehr politisch aktiv, und das finde ich beachtlich. Immerhin sind wir nur eine kleine Wählerschaft und deshalb politisch sehr egal. Aber bei meiner Generation ist klar, dass wir den Klimawandel noch sehr spüren werden. Wenn man sich damit befasst, dann muss man ja aktiv werden.“ In dem Track „Liebe Hält Kurz“ singt er von einer gescheiterten Romanze zu Sebastian Kurz. Gescheitert deshalb, weil Kurz während seiner Amtszeit laut Zacharias nichts tat, um die Klimaziele zu erreichen. In dem Lied kritisiert The Z auch die neoliberale Scheinlösung für die Klimakrise – Innovation, Innovation, Innovation. Technik wird uns schon retten.

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Assoziativ werden bei diesem Song Erinnerungen an frühe Alben von K.I.Z wach. Doch The Z lässt sich in keine Schublade stecken. Beim Musikmachen geht es für Zacharias vor allem um Emotionen: „Ich versuche mit dieser Norm zu brechen. Ich werde nie davor scheuen emotional zu sein.“ Musikvideos, in denen er sich vor dicken Autos platziert, um das Männlichkeitsbild des Raps zu reproduzieren sind für ihn undenkbar: „Wenn ich es schaffe als Rapper, dann als die Person, die ich bin. Nicht mit einem Bild, dass es eh schon zu oft gibt.“ Das Thema Klimakrise dominiert in seinen Songs und findet in fein geschliffenen Allegorien Platz, wie der kürzlich erschienene Track „Maßnahmenpaket“ zeigt.

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Starke Männer, Nagellack und trockene Tränen

Trotz Wokeness und Social Media sieht Zacharias auch in seiner Generation Probleme mit konstruierten Geschlechterrollen. „Toxische Männlichkeitsstrukturen gibt es auf jeden Fall immer noch. Da kann ich mich selber nicht ausnehmen.“, erzählt er im Interview. Auch von außen empfindet Zacharias viel Druck gewissen Rollenbildern zu entsprechen. Heute sei es immer noch Thema, dass Sex bei Männern als Statussymbol gesehen wird. Möglichst früh das erste Mal zu haben und mit möglichst vielen Partner:innen zu schlafen stellt stets die gewollte Maxime. In seiner Bubble sind feminine Attribute an Männern kein Problem – auch Zacharias trägt etwa Nagellack. Außerhalb des eigenen Kreises kann so etwas aber schnell zu Problemen führen. „Vor zwei Jahren hat mich beim Ausgehen in Wien ein Typ dumm angemacht, weil ich Nagellack trage. Er meinte das sei homoerotisch“, erzählt Zacharias. Der Vorfall war für ihn auch deshalb sehr prägnant, da er Nagellack nicht als sehr radikal sieht. Für Menschen, die ihr Geschlecht noch diverser ausleben, sei es sicher um einiges schwieriger.

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Toxische Männlichkeit – Eine Definition

Zur kurzen Erklärung – Toxische Männlichkeit bezieht sich nicht direkt auf Männer. Der Begriff möchte nicht implizieren, dass Männer toxisch wären. Stattdessen bezeichnet er die gesellschaftlichen Strukturen nach denen Männern einem toxischen Bild entsprechen müssen. Es geht dabei um destruktives Verhalten, welches sowohl für Männer als auch für ihre Umgebung schädlich ist. Damit ist etwa gemeint, dass Männer keine Emotionen zeigen dürfen und keine feminisierten Aktivitäten machen dürfen. Einfache Beispiele wären etwa die Nutzung von Make-Up, Weinen in der Öffentlichkeit oder die Ausübung klassisch femininer Berufe wie etwa Kosmetiker, Krankenpfleger oder Kindergärtner. Es wird dafür ein aggressives Männlichkeitsbild propagiert, welches Gewalt legitimiert und starkes Konkurrenzverhalten fördert. Dieses toxische Männlichkeitsbild kann Männer in ihrer Lebensweise einschränken und ist eine Auswirkung des Patriarchats.

Zacharias versucht erlernte Geschlechterkonstrukte zu verlernen und hatte zudem das Glück in einem offenen Haushalt aufzuwachsen. „Ich habe als Kind diesen Druck zuerst nicht so verspürt und durfte auch etwa in Röcken herumrennen. Das hat sich aber geändert, als ich in die Schule kam.“, sagt er dazu. Zacharias spürt auch heute noch Auswirkungen des vorgelebten Männlichkeitsbilds: „Das größte Problem, dass ich jetzt noch immer habe, ist, dass ich zwar Emotionen ausdrücken kann, aber ich habe eine Blockade beim Weinen. Weinen ist ja etwas sehr gesundes, aber irgendetwas in meinem Unterbewusstsein erlaubt mir das nicht.“ Auch Gespräche über mentale Gesundheit sind für ihn bei Männern nicht die Norm: „Wegen diesem unterbewussten Rollenbild, dass man als Mann immer stark sein muss und keine Schwäche zeigen darf, ist es schon schwierig darüber zu reden.“

Copyright: Stella Mondin

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Fortgeh-Grapscher und dicke Autos

Auch die Angst vor starker Weiblichkeit oder der Verlust von männlicher Dominanz ist etwas, was Zacharias heute noch oft beobachtet. Zu Schulzeiten fanden manche etwa die Mütter einschüchternd, die große oder klassisch maskuline Autos fuhren. So lächerlich und harmlos dieses Verhalten auch sei, beim Fortgehen lernte Zacharias noch ganze andere Seiten von Sexismus kennen. „Durch Corona hatte ich die letzten Jahre nicht viele Fortgeh-Erfahrungen. Als ich dann endlich in einen Club mit Freunden und Freundinnen ging, war ich so schockiert. Drei dieser Mädchen wurden dort sexuell belästigt. Eine wurde vom Türsteher bedrängt ihn zu küssen, damit er sie wieder reinlässt.“, erzählt er dazu. Es sei ein männliches Privileg beim Fortgehen nicht mit solchen Erlebnissen konfrontiert zu werden. Für The Z sei es unvorstellbar, wie Frauen tagtäglich mit dieser Form der Belästigung umgehen. Aus diesem Schock heraus suchte Zacharias auch das Gespräch mit Männern, die so handelten: „Denen ist teilweise gar nicht bewusst, was sie da machen. Die sehen das nicht als problematisch. Das hat mich so angeekelt.“ Für Zacharias hat Feminismus bei Männern auch immer noch ein gewisses Image-Problem. Er selbst sieht sich jedoch klar als Feminist; „Bei mir ist das so, dass ich von Jahr zu Jahr diese Strukturen immer mehr erkannt habe und dann damit begann die selbst auch auszumerzen.“

The Z im Interview mit TWGE

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