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Article by TWGE Redaktion

Die besessene Frau oder die Angst vor der weiblichen Sexualität

Im Patriarchat wird Unterdrückung des Weiblichen seit jeher mit geschicktem Storytelling gerechtfertigt. Narrative, die Frauen kleinmachen, sind in jedem beliebigen Medium zu finden – von der Waschmittelwerbung bis zum Serien-Sexismus. Das Narrativ der „besessenen Frau* besteht seit den Anfängen des Horrorfilms. Darin werden patriarchale Vorstellungen ausgebaut.  Die von Teufel, Dämonen oder Geistern Besessene wird obszön, sexuell, unkontrollierbar und ungehörig dargestellt. Ordnung und den Sieg über die Besessene kann nur ein Mann – meistens ein Geistlicher in Frauenkleidern – herbeiführen. Häufig ist es die einsetzende Menarche, die das weibliche Geschlecht in den Teufel persönlich verwandelt. Worum geht es dabei wirklich?

Carrie, des Satans jüngste Tochter

Als 1976 Brian de Palma den Horror-Schocker “Carrie – Des Satans jüngste Tochter” rausbrachte, waren wir mitten in der Zeit der Frauenrechtsbewegung. Brian de Palma beschäftigt sich in seinen Werken durchgehend mit Besessenheit, psychischen Störungen und Gewalt. Doch als der Thriller zehn Jahre später über unser kleines Floridsdorfer Wohnzimmer flimmerte, war ich nicht bereit für eine Traumatisierung dieses Ausmaßes. Die junge Sissy Spacek schlachtet mit telekinetischen Fähigkeiten unter ihrem triefenden Menstruationsblut auf der Bühne einen Schüler nach dem anderen ab. Das wird mein Nervensystem wohl nie ganz vergessen. Carries Mutter hält die einsetzende Menarche für die Initiation des Teuflischen. Zeitgleich wussten wir in den 80ern noch nichts von Erdbeerwoche und Menstruationstasse. Stattdessen quälten wir uns unter furchtbaren Krämpfen vor den gestrengen Augen der meist bigotten Handarbeitslehrenden. Wer bei Selbstbefriedigung erwischt wurde, war vom Teufel besessen oder zumindest in einem Pakt mit ihm.

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Der Exorzist

 „Lass deine Finger von meiner gottverdammten Fotze“. „Fick mich, Leck mich. “Deine Mutter lutscht Schwänze in der Hölle”. “Deine fotzige Tochter, deine geile Tochter. Hurenbock.” Der Teufel persönlich  spricht aus der zwölf Jahre alten Regan. Hier hat er nämlich nicht nur seine Finger im Spiel, sondern ist persönlich in das Mädchen eingefahren. Ähnliche Story, aber bessere Maske. Linda Blairs Kopf drehte sich und es folgten jahrelange Therapiestunden, um diese Bilder wieder loszuwerden. Auch hier haben wir ein junges Mädchen – wahrscheinlich auch gerade kurz vor der Menstruation – dass nur ein Geistlicher im Frauenkleid retten kann. Denn das liturgische Gewand religiöser Bediensteter erinnert zeitweilen sehr an weibliche Bekleidung.

“Frauen in einem patriarchalen System werden dahingehend sozialisiert,  zu dienen, zu gefallen und gemocht zu werden. Wir werden daran gewöhnt, loyal zu mächtigen Männern zu sein, indem wir ihre Motive oder ihr Verhalten nicht infrage stellen – auch dann nicht, wenn sie sich, sexueller Belästigung oder sogar sexuellen Übergriffen schuldig gemacht haben. Wir lernen, diese Männer zu schützen und ihren Ruf aufrecht zu erhalten, und wir werden bestraft, wenn wir es nicht tun. Für weibliche Solidarität ist das desaströs”. Kate Manne, Autorin

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Beide Filme erforschen das Erwachen des Mädchens zur Frau.  In “Der Exorzist “ist Regans besessener Körper weitgehend übersexualisiert. So vergisst der Zuschauer, dass sie erst zwölf Jahre alt ist. Um den Schrecken der weiblichen Sexualität noch zu verstärken, bettelt Regans besessener Körper um Sex. Der Zuschauer sieht sie mit einem Kruzifix masturbieren, wobei auch Regans Körperflüssigkeiten zu sehen sind.

Der vorherrschende patriarchale Blick der Medien zeigt die Unterdrückung der Frau . Der metaphorische Vergleich der weiblichen Sexualität, wird als Pakt mit dem Teufel intensiv in unser Unbewusstes seit Generationen eingepflanzt.

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Die Pubertät ist nicht umsonst gefürchtet . Das Patriarchat hat zurecht Angst vor einer neuen Generation von Frauen, die für sich selbst einsteht.  Daher haben wir im patriarchalen Storytelling Jahrtausende lang gelernt, die Moralkeule der Religion zu schwingen, um die jungen Frauen von ihren sexuellen Wünschen zu befreien und sie in die patriarchal gewünschte Rolle zu drängen. Wir müssen uns daher ganz intensiv die Frage stellen: Warum fürchten wir uns so vor der weiblichen Sexualität? Alexandra Schwarz Schilling hat einige Antworten für uns Alexandra Schwarz Schilling: Wie sind wir eigentlich im Patriarchat gelandet?

In der Serie “Unlearning patriarchy” verlernen wir uns beigebrachte Geschichte und lernen sie aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Das Schreiben einer gemeinsamen „We-Story” beginnt damit die alten Geschichten zu verlernen. Sanft, freundlich und vor allem mit dem Vorsatz wenig zu werten.

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