Article by Magdalena Mösenlechner

Das Leben einer Nichttrinkerin

Alkohol ist in unserer Gesellschaft eine willkommene Norm. Bei unzähligen Anlässen gehört das Trinken fast schon rituell dazu. Bei Familienfeiern, After-Work-Treffen und hunderten weiteren Zusammenkünften wird in Österreich standardmäßig getrunken. Wenn jemand mit dieser Norm bricht, dann provoziert das starke Reaktionen. Unsere Redakteurin Magdalena schreibt in ihrer Kolumne darüber, wie es sich anfühlt phasenweise nicht zu trinken.

Land der Berge, Land der Krügerl – in Österreich ist Alkohol nicht gerade verpönt. Im Gegenteil, ein Glaserl in Ehren darf niemand verwehren. Ab und an tut das aber doch jemand, zum Beispiel ich. Tatsächlich ist es nicht so, dass ich gar keinen Alkohol trinke. Aber hin und wieder habe ich absolut keine Lust auf die Absolut-Flasche. Außerdem gab es in meinem Leben immer wieder längere Phasen, wo ich mich dem Trinken verweigerte. So weit, so banal sollte man meinen. Aber nicht für die Menschen um mich herum, wie es scheint.

Warum, warum, warum?

 

Selten hört man das feine Wörtchen „warum“ öfter, als auf die Verweigerung von Hochprozentigem. Gleich darauf sind mir diese Menschen übrigens zu einem hohen Prozentsatz unsympathisch. Das Problem ist nämlich nicht nur, dass gefragt wird, sondern auch wie gefragt wird. Meistens wird die Nachfrage nämlich begleitet von einem Tonfall, der ähnlich schockiert klingt, als hätte ich gerade verkündet, statt dem Spezi gerne ein Glas Menschenblut zu trinken. Dazu werden weit aufgerissene Augen gereicht, sowie plumpe Vermutungen weshalb man auf Alkohol verzichtet.

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Fragen über Fragen

 

Ganz vorne mit dabei ist natürlich die Frage „Bist du Schwanger?“, deren Übergriffigkeit kaum zu überbieten ist. Egal wie, bei der Frage nach dem großen Warum kann man nur verlieren. Ein schlichtes „Keine Lust“ wird selten mit Akzeptanz quittiert. Ähnlich steht es um das Vorschieben von Arbeit am nächsten Tag. Am ehesten geht sich das Wohlwollen des Gegenübers noch bei körperlichen Gebrechen wie Krankheit oder Antibiotika aus.

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Ob ich etwas trinke, oder nicht, ist letzten Endes aber meine private Entscheidung. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, sich diese Vehemenz der Nachfrage langsam abzugewöhnen. Man stelle sich nur vor, wie schlimm es für ehemalige Alkoholiker und Alkoholikerinnen ist tagtäglich bei Veranstaltungen mit diesen Nachfragen konfrontiert zu sein. Da übersteht jemand seine Sucht, und muss sich dann immer wieder outen und mit Stigmatisierung kämpfen.

No Drinks, No Fun

 

Sollte man sich gegen flüssigen Konsum in Reinform entscheiden, hat man aber neben der ewigen Fragerei noch ein anderes Problem. Denn wer nicht sauft, ist fad. Ohne Rausch gilt man als Showstopper berauschender Abende und bekommt die Rolle der Spaßbremse attestiert. Vorausgesetzt die anderen wissen um die eigene Nüchternheit. Ich hatte auch schon einen Abend ausgelassenen Tanzens hinter mir, bei dem ich nur Mineralwasser schlürfte. Ein Bekannter kam nach der Tanzeinlage auf mich zu und erkundigte sich, wie betrunken ich denn schon sei. Ausgelassenheit und Enthemmung assoziieren die meisten Menschen nämlich sofort mit Alkohol. Eigentlich ist das einfach nur traurig und vor allem schade, denn wir sollten uns für die Freude und Jux nicht Genieren müssen, beziehungsweise nicht den Alkohol als Ausrede brauchen, um unsere überschwängliche Laune zu entschuldigen.

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Besoffen sein, oder nicht sein

 

Tatsächlich habe ich gar nichts gegen Menschen, die trinken. Ich selbst verzichte auch nicht immer auf Alkohol. Es geht mir eher um diese Vehemenz, mit der die Flasche bei geselligen Treffen forciert wird. Denn wenn man nicht trinken möchte, verunsichert das die Menschen um einen herum. Sie wissen plötzlich nicht mehr, was sie von einem zu halten haben. Wahrscheinlich haben sie auch unterbewusst die Furcht, dass man ihren Konsum verurteilen könnte. Viele haben auch Schuldgefühle, wenn sie sich neben einem Vegetarier ein Schnitzel bestellen. Aber das ist letzten Endes Blödsinn. Nur weil mir nicht der Sinn nach Spritzwein steht, heißt das nicht, dass ich ihn jemand anders madig machen möchte. Lasst uns doch einfach – besoffen oder nicht – in friedlicher Akzeptanz koexistieren.

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