Article by TWGE Redaktion

Hausgemacht im Gespräch – Mit Sex-Positive-Partys gegen das Patriarchat

Seit über sieben Jahren bespielt das Veranstaltungskollektiv Hausgemacht die Wiener Clubszene. 2018 feierten sie die erste Sex-positive-Party und ernteten positive Reaktionen und weltoffene Gäste. Neun große und viele kleine hedonistische Partys später ziehen drei Mitglieder des Kollektivs für uns Bilanz. Katharina, Ilona und Hanna erklären im Gespräch, wieso Sicherheit beim freizügigen Tanzen essenziell ist, warum das Patriarchat uns ins Schlafzimmer folgt und was Sex-positive-Partys mit Feminismus zu tun haben.

Hausgemacht veranstaltet regelmäßig Sex-positive-Partys, bei denen mit möglichst wenig Kleidung zu möglichst guten Beats gefeiert werden kann. The Wild Golden Egg interviewte Katharina Kiesenhofer, Ilona Lerner und Hanna Stummer zur Organisation der Partys. Falls ihr auf der Suche nach Infos zum Ablauf einer Sex-Positive-Party seid, dann klickt hier, um zur Reportage zu kommen. 

The Wild Golden Egg: Wie genau achtet ihr auf Sicherheit bei euren Partys?

Katharina: Da passiert schon ganz viel im Vorfeld mit der Kommunikation. Wir kommunizieren viel auf Social Media. Mittlerweile haben wir jetzt zum zweiten Mal einen Online-Fragebogen entwickelt, das heißt wir selektieren auch so schon ganz im Vorfeld bevor die Leute überhaupt zu Party gehen. Das heißt, wir fragen nach den Vorstellungen von Konsent und was sie sich von dieser Party erwarten. Dann, direkt bei der Party, haben wir ein Selektionsteam, die noch mal genau mit den Leuten redet – was sie vorhaben auf der Party, wie sie sich vorbereitet haben, was sie anhaben. Das machen wir immer zu zweit, meistens in Schichten.

Bei der Garderobe schauen wir nochmal, was die Leute anhaben, damit sich auch wirklich alle wohlfühlen. Ein Beispiel: wenn viele weiblich gelesene Personen da sind und die eher männlich gelesenen Personen dann sehr viel anhaben, dann fühlen sich die Frauen häufig eher unwohl. Das heißt, da schauen wir noch mal genau, ob das Outfit passt. Auf der Party selbst haben wir ein Awareness-Team. Das letzte Mal war das 50 Personen stark. Also wirklich sehr viele Personen, die man immer ansprechen kann. Die sind markiert, indem sie Lichterketten tragen. Das ist mittlerweile ein etabliertes Zeichen in vielen Clubs für Awareness. Man kann die jederzeit ansprechen.

Wir sind aber auch aktiv selbst unterwegs auf der Party und schauen, dass sich alle wohlfühlen. Wir klären da auch noch mal auf über Konsent und haben immer ein offenes Ohr. Wir sind auch da, wenn es um Kreislaufprobleme oder Übelkeit geht. Es werden alle Arten von Unwohlsein abgedeckt. Man kann sich auch nach der Party an uns wenden, wenn was ist. Dafür sind wir auch sehr, sehr dankbar, wenn die Leute auch nachher noch sagen “Hey, das hat uns gut gefallen, aber darauf solltet ihr vielleicht noch mehr achten, dass zum Beispiel im Darkroom zu viele Leute drin waren.” Also wir nehmen auch Feedback dann immer sehr gern an.

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The Wild Golden Egg: Manche Leute, die eure Partys noch nicht kennen, fragen sich: Was ist eigentlich der Unterschied zu Swinger Clubs?

Katharina: Bei uns geht es schon vorwiegend ums Tanzen und ums Feiern und die Musik steht immer noch im Vordergrund. Wir haben auch einen ganz großen Body Positivity und Body Acceptance-Aspekt. Es geht vor allem darum, dass man sich selbst frei fühlen kann und sich selbst erleben kann und spüren kann. Da ist für viele dann Sex und Sexualität eine wichtige Komponente. Aber es muss eben nicht sein. Viele Leute haben bei uns auch gar keinen Sex. Da sind zum Beispiel auch asexuelle Personen, die auf unsere Partys gehen. Ich glaube die würden eher nicht auf eine Swinger-Party gehen. Das heißt, Sex ist bei uns eben nicht im Fokus, aber man kann ihn immer ausleben.

Ilona: Das ist eine queer feministische Party und das kann man bei Swingerclubs eigentlich gar nicht sagen – zum größten Teil. Wir schauen eben immer auf einen hohen Frauenanteil und das sich gerade FLINTA bei uns wohlfühlen.

Ich finde es immer schön, dass der Körper dort akzeptiert wird, so wie er ist. Ich habe schon das Gefühl, dass mich das selbstsicherer gemacht hat, dass ich mir besser gefalle, dass ich mir nicht mehr so oft denke, “Da sollte ich abnehmen oder da besser trainieren”.

– Ilona

The Wild Golden Egg: Wie sieht so euer Publikum generell aus?

Katharina: Mittlerweile eigentlich sehr gemischt, würde ich sagen. Wir achten auf jeden Fall daruaf, dass wir mindestens 50 Prozent weiblich gelesene Gäste drinnen haben. Das sind die Personen, um die wir uns vornehmlich kümmern. Wir sind queer feministisch. Es war uns aber auch eigentlich wichtig, dass wir schon auch Heteros ansprechen, Die LGBTQIA+ Community ist da schon ein bisschen besser drin, solche Partys zu etablieren. Ein Beispiel wär Meatmarket, was eher an schwule Männer gerichtet ist – und das gibt’s schon viel länger. Wir sind da nicht die ersten, aber die anderen Formate sind häufig eher für schwule Männer gedacht. Wir wollten auch mal, dass Heteros sich mit ihrer Sexualität auseinandersetzen und dazulernen können. Vor allem damit die vielleicht in Berührung kommen mit Crossdressing und solchen Sachen. Trotzdem ist Diversität für uns schon ein großes Anliegen. Wir buchen auch deswegen sehr viele Acts, die aus der queeren Szene kommen.

The Wild Golden Egg: Wie waren am Anfang die Reaktionen auf eure Partys?

Katharina: Eigentlich sehr positiv. Es gab ziemlich schnell ein doch eher überraschend großes Medienecho. Der Falter hat als erstes über uns berichtet, gleich nach der ersten Party. Dann hat FM4 nachgezogen. Wir waren auch selbst überrascht. Es hat uns sehr gefreut, wie gut der erste Abend eigentlich funktioniert hat. Die Leute haben auch das mit dem Dresscode extrem gut umgesetzt. Lustigerweise gab es bei der allerersten Party noch keine Pflicht. Wir haben uns gedacht, wir können die Leute nicht dazu zwingen, dass sie sich ausziehen. Wir haben es damals mit dem Preis geregelt, dass man weniger zahlen musste, wenn man sich auszieht. Zum Glück haben die Leute sich alle sehr schnell ausgezogen und eben damit die richtige Stimmung transportiert, denn sonst funktioniert es ja nicht. Unsere Sorge war, dass wir einen Heute-Artikel kriegen: “Sex-Orgie gerät außer Kontrolle” oder “Sex-Disco”. Das ist bis heute nicht passiert.

The Wild Golden Egg: Ihr seid ein recht weibliches Team – bekommt ihr da irgendwelche Anfeindungen, denn weibliche Sexualität ist stereotyp eher was Passives, wenn man jetzt Klischees betrachtet.

Hanna: Kann gut sein, dass hinter verschlossenen Türen sowas passiert, aber in my face ist bis jetzt nichts in die Richtung gekommen. Meist gibt es eher positives Feedback. Das ist toll, dass vor allem weiblich gelesene Personen sich bei uns wohlfühlen.

Katharina: Ich glaube im privaten Bereich kommen manchmal Anfeindungen. Also die Fredi, [Frederika Ferková] die Hausgemacht gegründet hat, kriegt schon manchmal so Nachrichten. Eine Zeit lang war sie für eine politische Partei im Social Media-Bereich tätig. Da gab es dann einen komischen Artikel auf einer rechtsorientierten Seite. Ich glaube, das ging in die Richtung Neos Managerin veranstaltet Sexpartys oder so.

Hanna: Und über ihr Aussehen, weil sie blond ist.

Katharina: Wir kriegen schon auch von so Boomern Kommentare, zum Beispiel als der STANDARD darüber berichtet hat. Da waren schon ganz viele Kommentare, wo Leute das halt überhaupt nicht gepackt haben, das jemand “eine Sexparty” veranstaltet. Also so Leute, die das immer als Sexparty sehen, wo es aber dann nicht so sehr darum geht, dass wir Frauen sind, sondern eher wegen Sex generell. Das ignorieren wir aber eigentlich.

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The Wild Golden Egg: Wo steht Sexualität in Österreich heute? Wo seht ihr Baustellen?

Hanna: In meinen Zwanzigern habe ich jetzt sehr viel drüber nachgedacht über das Thema. Bei mir fängt es ganz früh schon an bei Sex Education. Das ist eine der größten Baustellen überhaupt, weil wir, glaube ich, nach wie vor keine Erziehung bekommen, die wirklich auf Sex ausgerichtet ist. Wenn dann geht’s darum, was mir passieren kann in einer Schwangerschaft. 

Alles ist sehr noch auf Körperfunktionen und Reproduktion orientiert und nicht auf Lust. Man hat gelernt, wie man Kinder macht, wie man Schwangerschaften verhindert. Über Geschlechtskrankheiten hat man vielleicht noch irgendwie was gelernt. Auch Dinge, die einen wirklich dann im Leben betreffen können, kommen selten vor. Also was eine Pilzinfektion ist, lernt man dann zum Beispiel nicht, das muss man alles irgendwie selber rausfinden. Solche Sachen finde ich schon immer große Baustellen und das ist alles einfach ein bisschen weg von von Lust und vor allem von weiblicher Lust. Also da sehe ich großes Verbesserungspotenzial überall.

Ilona: Ja und ich finde der Standard ist halt immer noch sehr heteronormativ, was halt gerade heterosexuellen Menschen auch schadet, weil sie dadurch ihre Sexualität und auch ihre Identität nie hinterfragen. Ich glaube, dass solche Sex-positive-Partys dann eben schon den Raum geben, mal einfach Sachen auszuprobieren und sich seiner Identität auch nochmal sicher zu sein. Ich denke, dass da in Österreich nicht oft Raum dafür da ist.

The Wild Golden Egg: Ihr habt euch schon politisch engagiert, etwa mit Spendensammeln. Inwiefern ist eurem Kollektiv eine politische Position wichtig?

Katharina: Sich aus der Politik rauszunehmen oder zu sagen, “Wir sind jetzt neutral” ist eigentlich oft einfach nur feige und man stellt sich damit immer auf die Seite von den Unterdrückern. Ich glaube, Neutralität ist in unserer Gesellschaft positiv konnotiert. Man hält sich raus, aber das ist eigentlich überhaupt nicht cool, sondern man schadet damit den Unterdrückten und stellt sich auf die andere Seite. Damals als wir noch eine schwarz-blaue Regierung hatten, meinten wir etwa, dass wir den Hedonismus feiern wollen. Das heißt, uns ist schon sehr wichtig, uns links zu positionieren und linke Werte zu vertreten.

Hausgemacht - Mit Sex-positive-Partys gegen das Patriarchat

The Wild Golden Egg: Was haben für euch sechs positive Partys mit Feminismus zu tun?

Ilona: In den meisten Clubs ist nicht der Raum da, dass sich eine Frau so anziehen kann, wie sie möchte, ohne einen ungewollten Kommentar zu bekommen. Das ist die Normalität, leider. Wir wollen den Raum schaffen, wo Frauen und FLINTA tatsächlich mal wirklich das anziehen können, worauf sie Bock haben, ohne sich irgendeinen Scheiß anzuhören. Es ist traurig, dass man das aktiv schaffen musste und auch immer noch tun muss. Und genauso auch, dass weibliche Sexualität halt noch ein Ding ist, was hinterfragt wird von vielen und nicht ernst genommen wird und oft auch nur als Lust für einen Mann dient. Deshalb ist es wichtig, dass es einen Raum gibt, wo Frauen sich wirklich selber mit ihrer Lust beschäftigen können und mit dem, was sie wollen.

Hanna: Aber ich glaube, es hat auch viel mit Selbstbestimmung zu tun und mit erkennen, dass der Ist-Zustand nicht nur schwer nachvollziehbar, sondern auch nicht erstrebenswert ist. Ich habe beschlossen, dass ich gerne bei Hausgemacht mitarbeiten möchte, weil die Besuche dort mir einen Schritt weitergeholfen haben. Ich glaube, so geht es einigen Gästen auf den Partys, die einfach eine gewisse Freiheit und auch eine Kultur zelebrieren, wodurch halt wirklich mehr Gleichheit und Gleichstellung herrscht. Dadurch kann man sich freier fühlen. Am Anfang ist man noch ein bisschen gehemmter und dann auf einmal feiert man da komplett schonungslos dahin. Keiner macht sich mehr Gedanken, ob man da jetzt irgendwie angegraben wird, was halt genau das Gegenteil von “normaler” Clubkultur ist. Das hat für mich sehr viel mit Feminismus zu. Mir persönlich hat das geholfen, um mein eigenes Selbstverständnis davon zu erweitern.

Katharina: Ich finde Selbstbestimmung vor allem wichtig, weil wir als Frauen in der Gesellschaft schon hin- und hergerissen sind. Einerseits sollen wir sexuell verfügbar sein und wir sollen dem Hetero-Mann ein schönes Bild geben, andererseits darf der Rock nicht zu kurz sein. Man ist hin und hergerissen zwischen dem was man soll und dem was man nicht soll. Es ist immer dieser hetero-männliche Blick, von dem man sich sehr gesteuert und gleichzeitig sehr begrenzt fühlt. Im Rahmen der Selbstbestimmung kann man mal selbst schauen: “Was fühlt sich eigentlich gut für mich an? Was taugt mir eigentlich so?”

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The Wild Golden Egg: Denkt ihr, dass patriarchale Strukturen das Ausleben von Sexualität beeinflussen?

Ilona: Es ist schon so, dass alles einfach nach strengen Regeln abläuft und dass es eine klare Rollenverteilung gibt. Einfach mal diese Rollen aufbrechen zu können – das ist schon eine kleine Revolution.

Hanna: Diese Rollenverteilung ist oft so, dass man als Frau eben eher passiv da ist und eigentlich für den Mann performt, beziehungsweise für den männlichen Blick. Aber ich glaube, dass es nicht nur weibliche Sexualität einschränkt, sondern bestimmt auch männliche Sexualität. Das ist alles so eine Art Performance, die man abliefert. Sehr viele junge Leute wachsen mit Pornos auf und da gibt es einfach irgendein Schema, was da runterrennt und abgearbeitet wird. Irgendwie lassen sich viele sehr beeinflussen, auch außerhalb des Schlafzimmers in sonstigen Räumlichkeiten, wo man das auslebt. Und eben auch auf diesen Partys. Auf jeder normalen Club-Bühne hat man das Gefühl, man wird vorgeführt oder muss irgendwas abliefern. Wir versuchen das ein bisschen aufzubrechen.

The Wild Golden Egg: Inwiefern folgt das Patriarchat uns ins Schlafzimmer als Frauen?

Hanna: Ich glaube, es geht ums Gefallen. Es dreht sich mehr darum, wie man aussieht beim Sex, als um die Lust. Es existieren halt klare patriarchale Vorstellungen – wie Sex anfängt, was Sex ist, ab wann zählt irgendwas als Sex. Was ist Vorspiel? Ist Vorspiel überhaupt Sex? Warum endet es immer mit dem Orgasmus des Mannes? Wie in aller Welt sind wir auf die Idee gekommen, dass das plötzlich in unserem Gesicht landen muss? Aber das Patriarchat folgt uns auch im Kopf ins Schlafzimmer. Zum Beispiel bei der Frage, welche Position man einnimmt, weil man sich denkt “Oh Gott, schau ich da gut aus dabei?” und man denkt viel zu wenig darüber nach “Macht es mir grad Spaß oder nicht?”

Katharina: Ich glaube schon, dass der männliche Höhepunkt mehr im Zentrum steht – auch bei uns Frauen im Gedanken. Es wird auch als normaler angesehen, dass Frauen Oralsex an Männern ausüben als umgekehrt. Frauen trauen sich dann aber oft gar nicht zu das zu thematisieren. Da ist dann eher der Gedanke “Okay, hab‘ ich eben keinen Orgasmus, ist eh normal.”

Ilona: Es ist halt einfach schon so, dass Männer deutlich häufiger kommen als Frauen. Außer eben bei homosexuellen Beziehungen. Also, es ist ja scheinbar schon möglich.

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The Wild Golden Egg: Wie hat das Veranstalten dieser Partys eure eigene Sexualität beeinflusst?

Ilona: Ich finde es immer schön, dass der Körper dort akzeptiert wird, so wie er ist. Ich habe schon das Gefühl, dass mich das selbstsicherer gemacht hat, dass ich mir besser gefalle, dass ich mir nicht mehr so oft denke, “Da sollte ich abnehmen oder da besser trainieren”. Stattdessen habe ich das Gefühl, dass ich mit meinem Erscheinungsbild besser klarkomme, dadurch, dass ich mich häufiger freizügiger dort kleiden kann und das auch wohlwollend aufgefasst wird. Endlich weg vom Körper als ewige Baustelle.

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Hanna: Die Konsenskultur hat mich sehr beeinflusst. Ich habe dort verstärkt beigebracht bekommen, dass man einfach bei gewissen Dingen nachfragen darf und, dass es normal ist, nachzufragen. Es ist absolut ok zu sagen “Jetzt Stopp! Jetzt möchte ich nicht mehr weitermachen”. Auch durch die Mitarbeit im Awareness-Team, wo man zum Beispiel schaut, ob bei anderen Leuten alles konzeptuell abläuft, vor allem, wenn es ein bisschen wilder wird – da habe ich auch sehr viel mitgenommen. Es ist wichtig darüber nachzudenken: “Habe ich jetzt eigentlich immer noch Spaß an dieser Situation oder nicht?” Die Normalisierung von Konsent und des Nachfragens ist einfach wichtig.

Katharina: Ich habe auch das Gefühl, dass die Awareness-Arbeit mir viel beigebracht hat. Es ist okay, dass man selbst eben öfter mal nein sagt – auch bei Kleinigkeiten. Selbst wenn man schon angefangen hat mit etwas, und dann kommt man vielleicht mittendrin drauf: “Okay, das passt doch nicht.” Auch öfter selbst nachzufragen ist wichtig. Ich denke schon, dass ich schon immer versucht habe, Konsent vorher einzuholen, aber dass man auch als Frau bei dem Mann nachfragt “Wie fühlt sich das gerade an für dich?”.

Patriarchat

Allgemein ist mir auch wichtig, dass wir das nicht mehr hinnehmen müssen, wenn uns auf einer Party jemand angreift, ohne, dass wir das wollen. Sondern dass man da auch zu einem Türsteher gehen kann, und um Hilfe bitten. In anderen Clubs wird das leider noch nicht immer praktiziert, dass Securities dann wirklich jemanden raushauen, weil er wem am Arsch haut. Da spricht man einen Türsteher an und der sagt dann vielleicht noch “Ja, du hast ja wirklich einen geilen Arsch.” 

Dadurch, dass wir so eine strenge Awareness haben und so eine strenge Türpolitik und auch eben mit den Securities sehr eng zusammenarbeiten und die da wirklich daraufhin geschult werden, ist es eben sehr wohl so, dass wir Leute raushauen, wenn ein Übergriff passiert. Das ist echt nichts, was wir hinnehmen müssen. Nur weil’s so oft passiert, ist es nicht okay. Es macht es eben nicht mehr okay, nur weil es häufig passiert. Wir müssen das nicht tolerieren, sondern dürfen Grenzen setzen. Auch bewusst.

The Wild Golden Egg: Was waren so die lustigsten Sachen, die euch Leute bis jetzt gefragt haben zum Thema Sex-positive?

Katharina: (lacht) Fm4 hat uns gefragt, wie der Darkroom am nächsten Tag ausschaut. Eine vollkommen berechtigte Frage. Antwort: Nicht schön.

Hanna: Wir haben auch mal noch Kondome hinter irgendwelchen Bilderrahmen gefunden.

 

In der Serie “Unlearning patriarchy” verlernen wir uns beigebrachte Geschichte und lernen sie aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Das Schreiben einer gemeinsamen „We-Story” beginnt damit die alten Geschichten zu verlernen. Sanft, freundlich und vor allem mit dem Vorsatz wenig zu werten.

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