Article by Stefan Feinig

8 Männer, die toxische Männlichkeit nicht verstanden haben

Es ist erstaunlich, wie resistent Menschen oft auf Veränderungen reagieren. Da überrollt die #metoo-Bewegung wie eine Veränderung im Sonnensystem die Gesellschaft und macht deutlich, wo und wie Frauen von Männern ausgebeutet, missbraucht, übergangen worden sind und werden. Anstatt ein Bewusstsein für diesen Wandel zu verinnerlichen, reagieren einige Männer aber umso brünftiger mit schon überholten Reflexen toxischer Männlichkeit. Wir haben eine Liste erstellt mit Männern, die toxische Männlichkeit nicht verstanden haben oder auch immer noch nicht verstehen wollen.

Will Smith – Die dicksten Eier Hollywoods, oder?

Den Anfang unserer Liste macht gleich einmal der fail of the year – Will Smith. Wir erinnern uns: Der Komiker und Moderator der diesjährigen Oscarverleihung, Chris Rock, macht eine semi-lustige, geschmacklose, aber recht harmlose – wobei natürlich auch männlich toxische – Bemerkung über das Aussehen von Will Smiths Frau. (Vorsicht: Allein diese Beschreibung von Jada Pinkett Smith als „Will Smiths Frau“ ist toxisch, wie wir gleich sehen werden.) Daraufhin betritt Will Smith, breitbeinig wie der Cowboy aus einem schlechten Film, die Bühne und verpasst Chris Rock eine schallende Ohrfeige. Dann zieht sich „der Held“ wieder zurück an seinen Platz. Nur um von dort aus noch einmal die Dinge verbal klarzustellen: „Keep my wife’s name out of your fucking mouth!“ Der Rest ist Geschichte. Oder sollen wir sagen His-story.

Die kindische und toxische Bemerkung von Chris Rock (klar, über das Aussehen einer Frau) quittiert die eigentlich betroffene Jada Pinkett Smith selbst mit einem eindeutigen Augenroller – der vermittelt: „Was für ein Idiot, aber ich stehe über den Dingen“. Will Smith ist da bei weitem weniger cooln. Für ihn geht es bei Rocks Aussage nämlich nicht um Jada Pinkett Smith. Denn für den gefallenen Prinzen aus Bel Air geht der schlechte Witz nämlich hauptsächlich gegen „Will Smiths Frau“. Beleidigt in seiner Ehre (weil ja seine Frau als sein Eigentum, beleidigt wurde) nimmt Will Smith die Sache natürlich persönlich und mutiert zum Watschenkönig.

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Wie selten jemand sonst veranschaulicht der spätere Oscarpreisträger an diesem Abend – und das auf geradezu vulgär-brachiale Weise –, wie subtil toxische Männlichkeit wirkt. Vorschnell könnte man diesem Prinz of Smacking sogar so etwas wie Gentleman-sein unterstellen. Denn er hat sich ja für eine schwache Frau eingesetzt – eine „schwache“ Frau die cool genug war, um über den Dingen zu stehen, by the way. Doch im Grunde ging es dem lieben Will nur um seinen eigenen kleinen Smith – sein toxisches männliches Ego!

Obendrein hat Will Smith mit seiner, ich-lasse-meine-dicken-Eier-raushängen-und-markiere-mein-Revier-Aktion auch noch unbeabsichtigt Personen das Rampenlicht genommen, die durch die Aufmerksamkeit auf ihre Werke wirklich etwas verändern hätten können. Allem voran Jane Campion mit ihrem einfach nur genialen Film The Power of the Dog, der, amüsanter und fast schon ironischer Weise, genau das zeigt und dekonstruiert, was Will Smith so unreflektiert lebt: toxische Männlichkeit. Vielleicht hätte sich der liebe Will den Film besser einmal ansehen und reflektieren sollen. Dann wäre das ganze Watschen-Gate möglicherweise nie passiert und man könnte Hollywood noch irgendwie ernst nehmen.

 

Sam Elliott – Im Western nichts Neues

Sam Elliott ist ein US-amerikanischer Schauspieler, der vor allem durch Nebenrollen bekannt wurde. Legendär ist zum Beispiel sein Auftritt als Erzähler und „Cowboy“ im Kultfilm The Big Lebowski. Wie dem auch sein in letzter Zeit macht er vor allem aufgrund seiner toxischen Bemerkungen zu dem Film The Power of the Dog von Jane Campion Schlagzeilen. In einem Podcast mit dem US-Komiker Marc Maron wollte Sam Elliott eigentlich seinen neuen Film vorstellen. Als aber das Thema auf Western umschlug, hatte er noch viel mehr zu sagen. Vor allem, als es um den schon erwähnten Film ging. Oder, wie Elliott den diese bezeichnet: „piece of shit“. Nur um sich dann weiter über die Regisseurin aufzuregen und darüber, dass diese Frau von „dort unten“ (Neuseeland) nichts vom Mythos des Western versteht.

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Klar, man kann einen Film mögen oder auch nicht. Doch leider offenbaren Elliotts Meinungen zu dem Film einen geradezu altmodischen Ansatz (durchtränkt von Macho-Idealen) darüber, wie ein Western und vor allem, wie ein Mann im Western zu sein hat. Dass Jane Campion gerade diesen Mythos brillant dekonstruiert, ist Sam Elliott scheißegal. Denn ein Western hat einfach so zu sein, wie ein Western eben ist. Männlich. Heterosexuell. Und weiß. Elliotts Einstellung verdeutlicht nicht nur, wie Geschichten über Männer (des Westens) sein sollen – und zwar auf eine ganz bestimmte und männliche Art. Sondern auch, wer diese Geschichte überhaupt erzählen darf – eine Frau mit Sicherheit nicht! Darüber hinaus wirken seine Aussagen frauenfeindlich und homophob. Sam Elliott hat natürlich ein Recht auf seine Meinung. Doch die Gründe, die er anführt und vor allem wie, verdeutlichen die Tatsache, dass seine Meinung toxisch. Es wird damit klar unterstrichen, dass Frauen in der Männerwelt (des Westerns) – seiner Meinung nach – nichts verloren haben.

 

Donald Trump – Respektiert Frauen, wie niemand sonst?

„Niemand respektiert Frauen mehr als Donald Trump.“, behauptet kein geringerer, als Donald Trump selbst. Laut eigenen Behauptungen befindet sich der Frauenflüsterer und pussy grabber vom Dienst, in Sachen Respekt-für-Frauen so ziemlich an der Spitze der Menschheit. Das wohl eher das Gegenteil der Fall ist, hat dieses YouTube-Video, in Form einer kleinen Best of Sammlung, gut zusammengefasst. Dabei wird dort nicht einmal der Grab’em-Zwischenfall erwähnt. Aber dafür gibt es genug andere Videos im Netz, die illustrieren, wie der „Respekt“ gegenüber Frauen von Trump genau aussieht.

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Richard Lugner – Toxische Männlichkeit aus Österreich

Zugegeben ist „unser“ Richie Lugner durchaus lustig und die österreichische Promiszene wäre ohne ihn um einiges unerträglicher und vor allem langweiliger. Dennoch ist auch der Vorzeige-Bauunternehmer Österreichs ein Mann, dessen Meinungen über Frauen nicht mehr zeitgemäß sind. Vor allem die Art, wie er sich teilweise gegenüber diesen verhält, ist alles andere als vorbildhaft. Besonders die stupiden Kosenamen für seine wechselnden Partnerinnen sind extrem frauenfeindlich und erniedrigend. Wer wird schon gerne mit einem Tiernamen gerufen? Aber das ist vermutlich Teil der Show. Und wer weiß, ob Lugner wirklich so ist oder sich für das Publikum nur so inszeniert. So oder so, eine zeitgemäße Männlichkeit sieht anders aus.

 

Andreas Gabalier – Der ewig gestrige Alpen-Elvis

Der vorbildlich konservative Alpen-Rock n‘ Roller Andres Gabalier „überzeugt“ immer wieder mit seinen reaktionären Ansichten über zwischenmenschliche Beziehungsmodelle. Begriffe wie LGBTQIA+, Flinta, gender blending, Intersektionalität und so weiter, werden wohl ewige Fremdwörter im Vokabular des Alpen-Elvis bleiben. Auch wenn es bestimmt toxischere Männer gibt, so sind Gabaliers Einstellungen bezüglich Frauen – diese mögen selbstverständlich wegen der Kindererziehung zu Hause bei den Kindern bleiben und ähnliche Highlights – schon auch als toxisch einzustufen. Da sie ein ewig gestriges Bild vom Frausein verfestigen, zur Verhärtung von Rollenmustern führen und nicht nach Gleichberechtigung streben. Wobei, wenn man den Interviews glauben darf, soll sich der liebe Alm-Andi aus der Steiermark auf dem Weg der Besserung befinden. Mittlerweile hat er sich, nach schweren Vorwürfen, „bei Frauen“ sogar schon entschuldigt. Man darf gespannt sein, was die Zukunft bringen wird. Doch allzu viel Offenheit gegenüber dem Thema fluid identity ist von dessen Seite vermutlich nicht mehr zu erwarten.

 

Hugh Hefner und “seine” Girls

Öffentlich immer den Anschein von Freiwilligkeit gewahrt, war das Leben für die Girls of the Playboy Mansion wohl nicht ganz so rosig, wie es immer dargestellt worden ist. Seit dem Tod Hefners im September 2017 kommen nämlich immer mehr „pikante“ Details ans Licht, die verdeutlichen, dass die Interaktionen auf seiner Bunny Ranch nicht immer so von Respekt und Wertschätzung geprägt waren, wie das medial transportiert worden ist. Hef war nämlich nicht der nette Opi, als der er in den Medien immer zu sehen war. Denn Sex hatte bei ihm oberste Priorität – und damit gemeint ist natürlich ausschließlich seine eigene Lust. Natürlich mehrmals am Tag und auch in der Gruppe.

Wie es den Frauen mit seinen Wünschen ging, war da nicht wirklich relevant. Diese hatten seinem Willen nämlich nachzukommen. Koste es, was es wolle. So wurden sie auch zur Not mit Drogen gefügig gemacht. Der Zwang zu mehrmaligen wöchentlichen Gruppensex war Dauerprogramm auf Hefners Playboy Mansion – ob die Frauen jetzt Lust hatten oder nicht.

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Behandelt wie ein „Stück Fleisch“ hatten die Frauen ihm als Objekte zur Verfügung zu stehen. Von Verhütung hielt der lifetime Playboy auch nicht viel. Eine nette Kollektion an Rache-Pornos soll er gehortet haben, um die Frauen dazu zu zwingen, bei ihm zu bleiben. Sein Sohn behauptet natürlich, dass diese Frauen alle Lügen. Familienehre vermutlich.

Wie dem auch sei. Jahrzehntelang hat Hugh Hefner einen mehr als toxischen Männertraum gelebt, der sich nach seinem Tod als wahrer Alptraum entpuppt hat. Für „seine“ Frauen natürlich. Er ist vermutlich gestorben, mit dem Selbstverständnis eines Mannes, der es in dieser Welt zu Reichtum, Ruhm und zu jeder Menge Sex gebracht hat. Sex, der sich wohl weit seltener auf freiwilliger Basis ereignete, als man zu Lebzeiten angenommen hat. Hugh Hefner hat wie selten ein Mann öffentlich vorgelebt, dass Frauen lediglich Objekte in der Kollektion eines Mannes sind, die sein symbolisches Kapital erhöhen. Mit seinem patriarchalen Verhalten hat er der Menschheit keinen Dienst erwiesen. Eine wirklich tiefgründige Beziehung soll Hefner eigentlich nur zu seinem Leibarzt gehabt haben. The Power of the Dog lässt grüßen.

 

Harvey Weinstein: Der toxische Sheriff von Hollywood

Der ehemals erfolgreiche Hollywood-Produzent Harvey Weinstein wurde fast sein Leben lang als Ikone verehrt. Als „Entdecker“ von Tarantino lag ihm die ganze Filmwelt zu Füßen. Doch wie die #metoo-Bewegung ans Licht brachte, hat Weinstein über 30 Jahre lang Frauen missbraucht, ausgenutzt, und vergewaltigt. Nach außen hin als Big Shot dargestellt, war sein präsentiertes Männerbild aufgebaut auf Gewalt und Unterdrückung. Obwohl es mit ihm ein (spätes) Ende hatte, ist kaum zu erahnen, was hinter den Kulissen in Hollywood an toxischer Männlichkeit immer noch so abläuft.

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Der Fall Weinstein verdeutlicht recht gut, wie komplex das Patriarchat funktioniert. Denn auch wenn die Schauspielerinnen reihenweise ausgebeutet wurden, konnten diese aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit, nicht viel dagegen tun. Und wir sprechen nicht einmal von den Hollywoodstars. Denn wie groß die Dunkelziffer an unbekannten Schauspielerinnen ist, die sich, um eine Filmrolle zu bekommen, bewusst verprostituierten und den anderen, die gegen ihren Willen vergewaltigt wurden ist vermutlich von welterschütternder Dimension. Über 80 Klägerinnen gab es offiziell. Wie viele Opfer es in Wirklichkeit waren, wird man wohl nie erfahren. Das dies alles System hat, zeigt der Fall Weinstein auf eindeutige Weise. Ein kleiner, dicker Mann, ganz groß, von dessen Verhalten man schon darauf schließen hätte können, dass er ein recht zweifelhafter Typ ist. Die Spitze des Eisberges von Hollywood.

 

Kevin Spacey – #Metoo die Zweite

Der Fall des Schauspielsuperstars Kevin Spacey schließt an den Fall Weinstein nahtlos an. Denn eben ermutigt durch den Weinstein-Skandal und der #metoo-Bewegung gab ein männlicher Schauspiel-Kollege von Spacey Ende Oktober 2017 an, er sei 1986 im Alter von 14 Jahren auf einer Party vom damals alkoholisierten Spacey sexuell belästigt worden. Spacey zeigte sich durchaus reumütig, entschuldigte sich und nutzte seine Erklärung infolgedessen für sein Coming-out als Homosexueller.

Doch damit war die Sache bei weitem noch nicht vorbei. Denn immer mehr männliche Schauspiel-Kollegen warfen Spacey vor, von ihm sexuell belästigt worden zu sein. Auch Spacey war ein Mensch, der seine Macht und seinen Ruhm einsetzte, um sich an seinen zahlreichen sexuellen Vergehen schadlos zu halten. Es wurde nämlich bekannt, dass Spacey Hollywood-intern für seine Übergriffe berüchtigt gewesen sei. Aus Angst, die eigene Karriere zu ruinieren, entschlossen sich alle Betroffenen lieber zu schweigen. Dasselbe Szenario wie bei Weinstein. Beide Fälle veranschaulichen, wie kompliziert das alles ist. Die einen nehmen sich was sie wollen und haben aufgrund ihrer Macht nichts zu befürchten.

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Fazit

Wir haben hier unterschiedlichste Beispiele angeführt, um die verschiedenen Grade von toxischer Männlichkeit zu veranschaulichen. Klar ist ein Will Smith niemals so schlimm wie ein Harvey Weinstein. Doch auf dem Barometer toxischer Männlichkeit sind dennoch beide vertreten – an zwei unterschiedlichen Extrempunkten. Der eine, weil er „seine Frau“ lediglich als Verlängerung seines eigenen Egos zu betrachten scheint. Der Andere, weil er den von ihm missbrauchten Schauspielerinnen nicht das Mindestmaß an Subjekt-Dasein zuerkannte und diese lediglich als Objekte seiner Lust missbrauchte. Gestützt wurde bis vor kurzem noch beides von einem ganzen patriarchalen System toxischer Männlichkeit, welches zum Glück immer mehr im Verschwinden begriffen ist.

In der Serie “Unlearning patriarchy” verlernen wir uns beigebrachte Geschichte und lernen sie aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Das Schreiben einer gemeinsamen „We-Story” beginnt damit die alten Geschichten zu verlernen. Sanft, freundlich und vor allem mit dem Vorsatz wenig zu werten.

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