Weibliche Copingstrategien & Winewednesday: Bedeutet Emanzipation mitzutrinken?

Familienmanager*innen, meist Frauen, müssen im Alltag vieles unter einen Hut bringen, Kinder, Haushalt und Job. Zeit für Entspannung bleibt wenig. Herkömmliche Methoden um Stress abzubauen sind, wenn man klassische Medienberichte vor Augen hat, der Wine Wednesday, an dem Frau sich mit ihren Freundinnen zur Belohnung richtigen Luxus gönnen darf, mit einem Glas Champagner.

#Cheers

In den sozialen Netzen zeigt sich ein ähnliches Bild. Am Freitag werden zum Einläuten des Wochenendes meist Cocktails, Weingläser oder andere Alkoholika gezeigt, um zu verdeutlichen, dass jetzt aber wirklich relaxed werden darf. Alles perfekt inszeniert – zumindest am Foto. Der Hashtag #winewednesday auf Instagram bringt es auf 1.512.000 Treffer.  Die Google Suche bringt unvorstellbare 524.000.000 Suchergebnisse. Nicht nur zur Entspannung, sondern auch wenn die Kinder, der Chef oder anderes nervt – die Lösung scheint der Alkohol zu sein. Verschiedene  Emotionen werden verstärkt oder betäubt. Man ist nicht mehr schüchtern, traut sich mehr aus sich heraus oder riskiert es, zu flirten.

Copingstrategien für Anfänger.

Was bedeutet eigentlich Coping?

Der Begriff „Coping“ ist im Deutschen nicht wörtlich zu übersetzen und bedeutet sinngemäß „Stressbewältigung“. Stress führt zum Ausbruch zahlreicher Erkrankungen und stört das Wohlbefinden erheblich. Es kommt zu emotionalem und physischem Unbehagen und beeinträchtigt das ganze Leben. Nicht nur die objektive Schwere der Belastung selbst, sondern welche Bewältigungsfaktoren dem betreffenden Menschen in bestimmten Situationen zur Verfügung stehen, können den Stress auslösen.

Stressmomente gibt es für Frauen unzählige. Viele kennen den Druck, den man im Arbeitsleben zu bewältigen hat. Mehr Abschlüsse, mehr Kunden und noch mehr Leistung sollen erbracht werden. Frauen tendieren dazu, erfolgsgarantierte Methoden zu übernehmen, so auch im Geschäftsleben. Wer nichts trinkt, muss sich erklären und gehört zu den „Uncoolen“.  Das Umfeld akzeptiert es, aber meist muss mit blöden Sprüchen oder einem abwertenden Blick gerechnet werden. Rechtfertigen muss man sich immer.

Trinken um zu vergessen

Alkohol gehört in unserer Gesellschaft dazu. Er lockert auf, fördert das Glückgefühl, enthemmt und vereint. Anfangs. Das Patriarchat, in dem das Gesetz der Ausbeutung herrscht und das Frauen noch immer nicht gleich behandelt und Männer bevorzugt, wird schön getrunken. Männergehabe wird kopiert. Eine moderne Frau mit Karrierewünschen muss viel trinken können und mit Männern mithalten können.

“Was wird da betäubt?”, fragt man sich. Angst vor dem Versagen? Angst, nicht so zu sein, wie andere es von einem wünschen? Angst, nicht akzeptiert zu werden?  Erfolgreich zu sein? Was tun mit der eigenen Unsichtbarkeit, Unsicherheit oder auch fehlenden Vorbildern? Soll man selbst die eine Quotenfrau sein, die in Anzug und männlichem Gehabe eine Kopie der Quotenmänner abgibt?

Selbstsicherheit am Boden der Flasche

Manche bekämpfen mit einer Flasche Wein aber auch die Fadesse, die Langeweile und um den grauen Alltag zu vergessen und nichts mehr zu müssen. Andere belastet, noch keine Kinder zu haben, noch nicht verheiratet zu sein, “nur” Karierrefrau zu sein. Bei jeder Familienfeier mit einem Glas Rotwein in der Hand, sich vor der Tante rechtfertigen zu müssen, warum die Oma noch kein Babyfoto beim Kaffeeklatsch herzeigen kann. Druck, Druck, Druck. Die einzige Strategie, die man vorgelebt bekommt, ist seine Gefühle mit dem Glas Wein in der Hand zu beruhigen.

Ein beliebtes Thema, gerade auch im Bezug auf Frauen, ist Bodyshaming. Es beschäftigt viele: zu dick zu sein, zu kleiner Busen, zu viel Hintern, zu fett, zu dünn, zu weiß nicht was. Es gibt so viele Gründe, um zu Alkohol zu greifen. Aber was ist nach dem letzten Glas, was am Morgen nach der Party? Was übrig bleibt sind dann oft Depression und Selbstzweifel. Wie getrieben hetzen wir durchs Leben und viel zu oft bleibt da einfach nur Leere.

Aber man muss bei dem Spiel nicht mitspielen. Jeder kann seine Spielregeln für sich bestimmen. Ermutige dich, achte dich und manchmal muss Frau (oder Mann) auch über ihren eigenen Schatten springen. Eigene Werte und Ziele können regelmäßig überprüft werden und nichts muss perfekt sein. Lerne nein zu sagen! Es ist nie eine Schwäche, wenn man sich Hilfe holt. Wenn das eigene Verhalten sich ändert, verändert sich damit auch deine Welt.

In der Serie “Unlearning patriarchy” verlernen wir uns beigebrachte Geschichte und lernen sie aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Das Schreiben einer gemeinsamen „We-Story” beginnt damit, die alten Geschichten zu verlernen. Sanft, freundlich und vor allem mit dem Vorsatz wenig zu werten.